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Artikel http://www.jungewelt.de/2001/04-21/020.shtml


Interview
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21.04.2001

Wieso ist Atomtransport nach Sellafield unsinnig?
jW fragte Ralf Henze, Sprecher von BasisGrün und Koordinator der
Atompolitischen Opposition bei Bündnis90/DieGrünen

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F: Was sagen Sie dazu, daß nun, kurz nach den Castor- Transporten nach Gorleben, Atomtransporte von Biblis und Neckarwestheim ins britische Sellafield durchgeführt werden sollen?

Der anstehende Atomtransport muß sofort unterbunden werden, da er vollständig überflüssig ist, aber große Umweltgefahren verursacht. Der Vorstandschef der Energiewerke BadenWürttemberg (EnBW), Gerhard Goll, hat in seinem Antwortbrief an den Bundesvorsitzenden der Grünen, Fritz Kuhn, die Tatsachen verfälscht. Für die abgebrannten Brennelemente gibt es, anders als Goll das darstellt, passende Lagerbehälter in Neckarwestheim. Die EnBW hat die behördliche Erlaubnis, die fraglichen Brennelemente in diese Behälter zu verpacken und im jüngst genehmigten Interimslager aufzubewahren. Diese Möglichkeit besteht also, auch wenn wir gegen die Zwischen- und Interimslagerung sind.

F: Warum dann dieser Transport?

Der Transport nach Sellafield findet ausschließlich wegen skandalöser und im Kern sittenwidriger Altverträge mit der englischen Atomfabrik statt: Diese Verträge sehen vor, daß EnBW auch dann für die
Wiederaufarbeitung zahlt, wenn die Brennelemente überhaupt nicht geliefert werden. Es ist für EnBW also am billigsten, diesen Transport mit allen seinen Risiken und Umweltbelastungen an der Irischen See
durchzuführen. Unter riesigem Polizeischutz wird so der Transport für nichts in Marsch gesetzt.

F: Wie bewerten Sie diesen Vorgang?

Das Festhalten der EnBW an diesem Atomtransport ist unglaublich. Für einen unmöglichen Liefervertrag werden schwere Umweltbelastungen und Gesundheitsrisiken in Kauf genommen. Wir fordern das Unternehmen auf, den Transport abzublasen. Ansonsten sind alle Proteste und auch Blockadeaktionen bei Nekkarwestheim und an der Bahnstrecke mehr als gerechtfertigt.

Hier zeigt sich, was die Betreiber vom sogenannten Atomkonsens halten, nämlich nichts, solange es nicht um die Rechtssicherheit des Weiterbetriebes geht.

F: Und wie lautet Ihre Forderung?

Wir von der Atompolitischen Opposition fordern die Bundesregierung - und in erster Linie die Grünen in Fraktion und Regierung - auf, den immer noch nicht unterzeichneten »Konsens« zu kippen und endlich ein
Ausstiegsgesetz auf den Weg zu bringen, das diesen Namen auch verdient. Gesundheit und Sicherheit von Mensch und Umwelt dürfen schließlich nicht den Wirtschaftsinteressen einzelner geopfert werden.

Interview: Thomas Klein

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